Zwei Sitzungswochen und intensive Debatten zur Gasumlage, der Gaspreisbremse, zum Krieg in der Ukraine und den Anschlägen auf die Nord Stream Pipelines liegen hinter mir. Wir haben Krieg in Europa – einen Krieg, der in der Ukraine jeden Tag Menschenleben kostet, einen Krieg um Ressourcen und um politischen und wirtschaftlichen Einfluss. Die Lage ist sehr ernst.
In einem Interview mit der Schwäbischen Zeitung bin ich diese Woche gefragt worden, ob uns Grüne der Krieg in der Ukraine allesamt zu „Zwangsrealos“ gemacht hätte. Meist schwingt bei dieser Fragen etwas Negative mit. Ich denke, Politik setzt voraus, dass wir die Realität erst einmal verstehen und anerkennen. Das tun wir!
200-Milliarden Abwehrschirm: Sicher durch den Winter, sicher in die Zukunft
Gestern hat die Regierung einen riesengroßen Rettungsschirm aufgespannt, um so Energiekosten für die Verbraucher und Unternehmen im Zaum zu halten. Die durch Putins Angriffskrieg gestiegenen Kosten für fossile Energie sind eine massive Belastung für Millionen Menschen. Um diesen Preisanstieg zu dämpfen, wird die Bundesregierung einen 200 Milliarden Euro schweren Abwehrschirm auflegen und den Ausbau der Erneuerbaren mit weiteren Maßnahmen massiv vorantreiben. Mit dem Abwehrschirm sorgen wir dafür, dass zusätzlich zur Strompreisbremse auch eine Gaspreisbremse finanziert werden kann und systemrelevante Gasimporteure vor der Pleite bewahrt werden. Menschen, Unternehmen und soziale Einrichtungen werden damit vor hohen Energiekosten geschützt. Gleichzeitig lösen wir die Fesseln bei den Erneuerbaren Energien, indem wir die Nutzung von Biogas verbessern und noch bessere Möglichkeiten für Wind, Solar- und PV-Anlagen schaffen. Denn nur mehr Erneuerbare Energie führt uns mittelfristig aus der Abhängigkeit und aus einer solchen Krise.
Gleichzeitig werden die Menschen entlastet: Berufstätige bekommen 300 Euro Energiepreispauschale ausgezahlt. Rentner*innen erhalten 300 Euro zusätzlich, Studierende und Fachschüler 200 Euro. Es wird einen zweiten Heizkostenzuschuss geben i.H. von 415 Euro. Azubis, Studierende in Bafög oder Ausbildungsbeihilfe werden davon profitieren. Das Wohngeld wird so reformiert, dass mehr Menschen anspruchsberechtigt sind. Das Bürgergeld wird erhöht. Es gab einen Kinderbonus, das Kindergeld wird erhöht. Der Mindestlohn wird auf 12 Euro erhöht.
Wichtig ist, dass wir als Gesellschaft solidarisch bleiben und dass wir uns nicht spalten lassen.
Atomkraft ist und bleibt eine Hochrisikotechnologie
Auch die Atomfrage hat uns sehr beschäftigt in den letzten zwei Wochen. Wir bedauern als Fraktion, dass wir wegen einer verfehlten Energiepolitik unseres Nachbarn Frankreich im ersten Quartal 2023 einen Reserve-Betrieb über das Jahresende 2022 für die Meiler Isar 2 und Neckarwestheim in Betracht ziehen müssen. Die fehlenden Strommengen, die bei uns in Süddeutschland einen Engpass bei der Stromversorgung im Winter auslösen könnten, werden durch den Weiterbetrieb der zwei Atomkraftwerke gedeckt werden. Der sogenannte Netzstresstest liefert dabei die Grunddaten, nach denen entschieden wird, ob der Betrieb der Anlagen notwendig wird. Klar ist dabei: Es geht nicht um eine generelle Laufzeitverlängerung der AKWs. Atomkraft ist und bleibt eine Hochrisikotechnologie.
Aber es gab auch andere wichtige Themen im Plenum, die leider nicht immer die verdiente Aufmerksamkeit erhalten.
BAföG-Novelle – Europawahlalter auf 16 Jahre senken – 12 Euro Mindestlohn
Mit der 28. BAföG-Novelle ziehen wir eine Lehre aus der Pandemie, so dass bei bundesweiten Notlagen, die den studentischen Arbeitsmarkt tangieren, in Zukunft das BAföG schnell und unbürokratisch auf einen noch größeren Personenkreis ausgeweitet werden soll.
Zudem wurde ein Gesetzentwurf der Ampel-Koalition zur Änderung des Europawahlgesetzes im Plenum zu ersten Mal debattiert. Wir wollen das Europawahlalter auf sechzehn Jahre senken, um jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, aktiv am politischen Geschehen teilzunehmen, Verantwortung zu tragen und die Gesellschaft mitzugestalten. Meine Kollegin Emilia Fester hat dazu eine sehr gelungene Rede gehalten: https://bit.ly/3fA3Eks
Ab dem 1.Oktober werden sechs Millionen Menschen mit niedrigen Löhnen, darunter viele Frauen, durch die Anhebung des Mindestlohnes auf 12 €, mehr Geld verdienen. Das ist ein großer Erfolg der Ampel-Koalition.
Meine Arbeit im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung: Haushaltsberatungen mit der Bildungsministerin
Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments. Diesen Satz hört man regelmäßig von alten Parlamentshasen. Unrecht haben sie nicht, denn tatsächlich ist es der Bundestag, der jährlich über den Etat der Bundesregierung entscheidet. Wir Abgeordnete schauen uns die einzelnen Finanzierungsvorschläge der Ministerien ganz genau an, prüfen für welche Projekte mehr Mittel gebraucht werden und erarbeiten konkrete Änderungsanträge. Im November steht dann die Abstimmung über den Bundeshaushalt für das kommende Jahr an. Bis dahin braucht es unzählige Sitzungen und Beratung um einen beschlussfähigen Haushaltsplan aufzustellen. Richtschnur ist dabei der Koalitionsvertrag der Ampelkoalition in dem wir uns auf konkrete Vorhaben für diese Legislaturperiode geeinigt haben.
Deswegen ist die Etatplanung auch im Bildungsausschuss gerade das große Thema. In der Arbeitsgruppe der Grünen Bundestagsfraktion zur Bildungspolitik haben wir uns bei einer Klausurtagung mit dem Haushalt beschäftigt und uns erst mal einen Überblick verschafft, an welchem Stellen im Vergleich zum Vorjahr Einsparungen oder Mehrausgaben durch das Bildungsministerium vorgeschlagen wurden. Wie es danach weiterging?
In dieser Woche war ich gemeinsam mit meinen Kolleg*innen von FDP und SPD in zwei Gesprächsrunden mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bildungsministerium, Jens Brandenburg, in die Details der Vorhabenplanung des Bildungsministerium eingestiegen. FDP, SPD und wir Grüne liegen politisch bei der beruflichen Bildung nahe beieinander. Aber da der Bund mit zehn Prozent weniger Einnahmen im kommenden Jahr rechnet, muss auch bei den Ausgaben eingespart werden. Davon ist leider auch der Bildungsbereich betroffen. Deswegen ist es gerade in diesem Haushalt so wichtig die richtigen Akzente zu setzen. Ich sehe klar einen Schwerpunkt bei der Berufsorientierung. Wir müssen mehr jungen Menschen eine individuelle Beratung auf Augenhöhe geben und bei der Berufswahl viel mehr auf ihre Stärken und Schwächen eingehen. Nur so finden sie eine Ausbildung, die zu ihnen passt.
Am Dienstag dieser Woche haben sich auch die bildungspolitischen Fachabgeordneten der Ampelfraktionen mit der Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger getroffen, um über die Umsetzung des Koalitionsvertrages und die notwenigen Finanzmittel zu reden. Diese Austauschrunden sind wichtig, um der Ministerin persönlich mitzugeben, wo es noch Finanzierungslücken gibt und welche Projekte aus dem Koalitionsvertrag am meisten drängen.
Am Mittwoch folgte dann direkt die Einladung der Ministerin in den Bildungsausschuss. Gemeinsam mit den Oppositionsfraktionen haben wir mit Frau Stark-Watzinger den Haushaltsentwurf diskutiert. Fraktionsübergreifend waren sich alle einig: Wir müssen mehr in die berufliche Bildung investieren. Gerade bei Berufsorientierungsmaßnahmen darf daher jetzt – mit Klimakrise und Fachkräftemangel – nicht gespart werden.
Bis wir im November den Haushalt beschließen ist also noch einiges für uns zu tun. Ich halte euch auf dem Laufenden, welche Haushaltsprojekte wir in meinem Themenbereich ganz nach vorne stellen werden.
Besuch einer Realschulklasse aus Bad Wurzach
Ich freue mich immer sehr, jungen Menschen hier im Hohen Haus begrüßen zu dürfen. Letzte Woche war die Abschlussklasse aus der Realschule Bad Wurzach da. Auch die Jugendlichen machen sich Sorgen über die steigenden Gas- und Lebensmittelpreise und was diese für ihre Familien bedeuten. Ein großes und wichtiges Thema ist gerade für die jungen Menschen auch die Mobilität im ländlichen Raum, denn sie wollen sich treffen und sicher ins Kino, zum Ausbildungsbetrieb oder zum Festival kommen. Nach dem Gespräch gab es für die Schüler*innen noch eine Führung durch das Reichstagsgebäude und zur Glaskuppel.
Das Projekt „Kantine Zukunft“: mehr Bio, regional und saisonal kochen und essen im Bundestag
Als Parlamentarische Geschäftsführerin bin ich auch Mitglied der Inneren Kommission des Ältestenrates. Hier beschäftigen wir uns gerade u.a. mit dem Essen in den Kantinen des Deutschen Bundestages. Ich denke, wir sollten als Vorbild vorangehen und deshalb fordere ich gemeinsam mit Katrin Göring-Eckardt, unserer Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, und Renate Künast, dass wir im Bundestag mit mehr Bio, regional und saisonal kochen und essen. Nach einer ersten Diskussionsrunde in der Inneren Kommission wurde auf unseren Vorschlag hin das Projekt “Kantine Zukunft“ eingeladen. “Kantine Zukunft“ ist ein, vom Land Berlin gefördertes, Beratungsprogramm, welches Berliner Kantinen bei der Umsetzung hin zu einem regionalen, saisonalen und biologischen Speiseangebot unterstützt. Die Projektmitglieder berichteten uns, wie sie es schaffen, in Kantinen die Bioqualität bei mindestens 60% der eingesetzten Lebensmittel zu garantieren. Damit stärken sie eine nachhaltige Landwirtschaft, ohne dabei den Preis des Essensangebots zu steigern. Hier soll den Großkantinen durch die Mitarbeit der Trainer*innen im operativen Tagesgeschäft, aktiver Beratung in den Küchen und ergänzt durch Workshops und Schulungen die Umstellung des Speiseangebots ermöglicht werden. Tolle Sache. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass der Bundestag mit gutem Beispiel beim Essen vorangeht.
Gespräch mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH): Wir brauchen mehr Master und mehrt Meister
Mit dem Generalsekretär Holger Schwannecke des ZDH habe ich mich vergangene Woche über den Fachkräftemangel, die Gleichwertigkeit der akademischen und beruflichen Ausbildung, mehr Berufsorientierung und Entlastungen für das Handwerk aufgrund steigender Energiepreise unterhalten. Der ZDV vertritt 1 Mio. Handwerksunternehmen mit mehr als 5,57 Mio Beschäftigte und 360.000 Azubis. Wir haben vereinbart, weiterhin in einem sehr guten Austausch zu bleiben.
Das war meine Woche in Berlin. Wenn ihr Fragen oder Anmerkungen habt, meldet Euch gerne bei mir. Ich freue mich von Euch zu hören. Wenn ihr mehr über meine Arbeit im Bundestag erfahren wollt, folgt mir auf Instagram .
Eure
Anja